University politics

Hinter den Kulissen der Mensa

Die Mensa: Jeder kennt sie, jeder hat dort schon gegessen. Doch wie schafft man es eigentlich, tausende Mahlzeiten just in time auf den Teller zu bekommen, am besten so, dass es am Ende auch geschmeckt hat? Wir von der bAStA haben einmal einen Blick hinter – oder besser unter – die Kulissen der Essenausgabe geworfen und herausgefunden, was mit den Tabletts nach der Fahrt in den Keller passiert.

Für viele ist die Mensa am Schloss der Ort für die Mittagspause im stressigen Unialltag. Hier trifft man sich, bewirbt den nächsten Schneckenhof oder seine Initiative. Vor allem aber wird hier gegessen. Mehr als 3000 Malzeiten gehen hier täglich über den Tresen. Der Weg vorbei an der Essensausgabe und der Kasse bis an den Mittagstisch ist Routine. Doch was spielt sich jenseits den Theken in der Küche und nicht zuletzt auf der anderen Seite dieses faszinierenden Geschirrfahrstuhls ab, über den alle rätseln?

Wer es genauer wissen will, der ist bei Rainer Wedel, dem stellvertretenden Leiter der Wirtschaftsabteilung des Studierendenwerks Mannheim, an der richtigen Adresse. Als Hauptverantwortlicher für den Einkauf kennt er den Betriebsablauf wie kein anderer. Von Haus aus Koch („schon mein ganzes Leben lang“, wie er selbst sagt) begann er bereits 1988 für das Studierendenwerk zu arbeiten, zuerst 20 Jahre lang als Küchenleiter, später wechselte er dann in die Organisation. Nicht nur die Mensa am Schloss fällt unter seine Verantwortung, insgesamt vier selbstkochende Mensen und acht Cafeterien zählen zu seiner Abteilung, verteilt auf sämtliche Hochschulstandorte in ganz Mannheim. Darunter die Uni, DHBW, Popakademie, Musik- und Hochschule in der ganzen Stadt. Mit über 1000 Sitzplätzen ist die Mensa am Schloss die größte Einrichtung von allen.


Produziert wird just in time – auch 50 Kilo Nudeln auf einmal sind kein Problem


Hier werden täglich 3000 Malzeiten ausgegeben. In welchen Mengen gekocht werden muss, kann selbst Experte Rainer Wedel am Morgen nicht sagen: „Das muss man sehen. Nach der ersten halben Stunde Betrieb zeichnen sich erste Tendenzen ab.“ Aber ganz ohne Vorhersage geht es doch nicht. Eine Software, die verschiedenste Parameter wie Vorlesungsrhythmen oder die Wetterlage berücksichtigt, gibt eine grobe Schätzung für den Tag ab, die stets durch den Abgleich mit der tatsächlichen Tagesbilanz nach Betriebsschluss aktualisiert wird. Deswegen plant Wedel auch nicht im Voraus, dass er 1500 Portionen Nudeln braucht – bei Bedarf kocht er lieber nach. Also streng nach dem Motto: „Learning while doing“. „Es bedarf ein großes Maß an Erfahrung, binnen Minuten die richtigen Entscheidungen zu treffen“, sagt Wedel. Vorteil des Verfahrens: „Es spart Geld und so entsteht wenig Müll. Vielleicht bleiben am Ende 3-5 Kilo Essen übrig“, versichert uns Wedel. „Und selbst die schmeißen wir nicht einfach weg. Aus Kartoffeln wird Kartoffelsalat, Gemüse wandert in die Suppe des nächsten Tages.“ Wie bei Mutter zu Hause, meint er. Im Abfall landet nur, was der Gast auf dem Teller liegen lässt. Daraus wird in der Biogasanlage anschließend Strom.

Für Riesen: Um ein Vielfaches Größer sind die Küchenutensilien, mit denen man in der Mensa arbeitet.

Nachteil: Es muss kurzfristig nachgekocht werden. Auch nach 13 Uhr kann es deshalb noch heißen: „Wir brauchen 50 Kilo Nudeln mehr!“ In der Küche passt diese Menge an Teigwaren in einen Topf. Hierfür muss ein 400-Liter-Bottich auf den Herd gewuchtet werden – größer wird es auch in der Mensa nicht. Der kleinste Kochtopf hingegen fasst mal gerade 30 Liter. Fast schon läppisch. Insgesamt ist in der Mensa aber alles etwas größer als in der heimischen Küche: Mannshohe Schneebesen, Mixer größer als Staubsauger und Öfen mit mehreren Etagen sieht man hier in jeder Ecke. Highlight ist die vollautomatische Besteck-Spül-, Polier- und Sortiermaschine. Mit dem Fahrstuhl gelangen die benutzten Tabletts von oben in den Spülraum. Essensreste werden vom Geschirr getrennt, die Tabletts fahren per Förderband weiter in die Spüle. „Wie in der Autowaschanlage“, scherzt Wedel. Innerhalb weniger Minuten ist das Geschirr sauber und kann wieder in Umlauf gebracht werden.

Brandneue Spülküche: Im Deckenbereich im Hintergrund ist der Schacht zu erkennen, über den die benutzen Tabletts in die ein Stockwerk tiefer liegende Spülmaschine fahren. Die ganze Decke entlang laufen die Förderbänder.
Vollautomatisch: Diese Apparatur ist in der Lage, sämtliches gespültes Besteck zu polieren, zu sortieren und sogar mit der Richtigen Ausrichtung des Griffes in Auslagebehälter zu verstauen.

Kartoffeln mit Pommes zu servieren wäre keine gute Idee


Der Menüplan entsteht nicht ganz so schnell. Schon Wochen im Voraus fängt Wedel an zu planen: „Wir haben einen Rumpfspeiseplan, der sich alle sechs Wochen wiederholt“, erklärt er. Die gewohnte Abwechslung im Angebot kommt durch Aktionen wie zum Beispiel die jetzt anlaufende Burger-Woche oder asiatische Sondergerichte. Und manchmal ist doch Spontanität im Spiel: „Wenn unser Fischlieferant sagt, er habe 150 Schollenfilets da, dann gibt es den Tag am Grill halt Fisch. Diese Flexibilität müssen wir uns bewahren“, so Rainer Wedel. Und auch wenn der Brokkoli vor 14.15 Uhr ausgeht, muss er schnell und unkompliziert reagieren können: „Für solche Fälle haben wir immer Gemüse auf Vorrat. Wir arbeiten viel mit Tiefkühlprodukten und können dann einfach zum Beispiel auf Kohl oder Karotten umschwenken.“ Aber nicht alles geht: Kartoffeln mit Pommes zu servieren wäre unklug.

Wichtig hierfür ist ein immer gut gefülltes Lager. Gleich mehrere Räume stehen dafür im Untergeschoss zur Verfügung, für trockene Speisen wie Reis oder Nudeln, aber auch große, begehbare Tiefkühlschränke für das Gemüse und den Fisch. Alles kommt, so betont es Rainer Wedel, weitestgehend aus der Region: Die Schweine vom Schlachthof der Stadt, die Rinder vom Rinderzüchter, das Hallesche Schwein aus Schwäbisch Hall. Und natürlich: Mannheimer Bier von Eichbaum. Das Fleisch wird außerdem in der Hauseigenen Metzgerei in der Mensa am Schloss weiterverarbeitet, zu Würstchen, Steaks oder Gulasch: „So weiß man immer, was drin ist“, erklärt Wedel. Dies sei ein Qualitätsmerkmal der Mensa und zudem günstiger als die fertigen Produkte vom Großhändler. Früher hat man sogar das Brot und die Brötchen selbst gebacken, die dann später in den Cafeterien verkauft wurden. Aber mit der Zeit gingen die Bäcker in Rente und die Backstube wurde zu alt. Als hohe Investitionen anstanden, wurde die Brotherstellung schließlich ausgesourct. Heute bringt ein Bäcker aus Ludwigshafen die Croissants zum EO oder zum Soleil, aber auch zu den Außenstellen in der Hochschule, der DHWB oder der Popakademie.


Seit Bologna kommen weniger Studis – umgebaut werden muss trotzdem


Mit all den Zweigstellen kommt durchaus eine Menge an Portionen zusammen. 3000 warme Essen werden täglich ausgegeben, sowohl an Studierende, als auch an Bedienstete, Kooperationspartner wie die Staatsanwaltschaft und auch an Externe. Um alle zu versorgen kauft Wedel jährlich Speisen im Wert von zwei Millionen Euro ein. Der Umsatz der Mensa liegt bei viereinhalb Millionen Euro. „Früher war das mal mehr“, sagt Wedel. Durch die Bologna Reform des Studiums hätten die Studierenden heute weniger Freiheiten als zu Diplom-Zeiten. Vielen fehle heute die Zeit für eine lange Mittagspause in der Mensa. Früher haben er und seine Mitarbeiter 4500 Essen ausgegeben. Und auch der Umsatz ist seit der Reform um etwa 20 Prozent gesunken. Eins ist jedoch über die Jahre gleichgeblieben: das beliebteste Essen. „Hähnchenschnitzel mit Pommes sind unschlagbar“, lacht Wedel. Dann bilden sich regelmäßig lange Schlangen. Und auch sonst kann sich sein Team über zu wenig Arbeit nicht beklagen. Das besteht aus 40 MitarbeiterInnen: Lageristen, Köche, Kassierer – sie alle sorgen täglich für einen reibungslosen Betriebsablauf in der Mensa am Schloss. Zurzeit aber müssen sie mit beengten Platzverhältnissen zurechtkommen.

Schon alles aufgeräumt: Hier herrscht bis nachmittags Hochbetrieb. Die langen Theken enthalten vulominöse Kochtöpfe und Herdplatten. Bald wird auch dieser Bereich erneuert.
Überdimensioniert: Der Mixer ist so groß, dass man ihn auf Rollen setzten musste.

Denn um die Produktionskapazitäten der Mensa am Schloss aufrecht zu erhalten und den Mitarbeitern das Arbeiten zu erleichtern, wird derzeit groß saniert: Von Grund auf wird jeder Raum im Keller entkernt und mit Wasseranschlüssen, Kabeln und Böden neu bestückt. Wedel und sein Team freuen sich schon darauf, wenn alles fertig ist. Bis dahin heißt es aber: Zähne zusammenbeißen. Denn wegen der Baustelle sind die Köche in ihrer Arbeit etwas beengt, es steht ihnen quasi nur die Hälfte des Platzes zur Verfügung. Zum Beispiel müssen die Wagen mit dem gespülten Geschirr derzeit über lange Umwege zu den Fahrstühlen nach oben gebracht werden. „Da muss halt jeder mit anfassen. Auch ich nehme jedes Mal einen Wagen mit, wenn ich auf dem Weg bin“, sagt Wedel. Ebenso musste die Küche ihren angestammten Platz verlassen: Ab Dezember werden in der Metzgerei, wo sonst das Gulasch produziert wird, Nudeln gekocht und Gemüse gegart. Aus Platzgründen findet das Finish der Gerichte dann oben hinter der Essensausgabe statt. Ein Jahr soll der Küchenneubau dauern. „Das wird eine harte Zeit. Ich bin echt stolz auf meine Mannschaft, dass die das mitmachen. Aber wenn erstmal alles neu ist, wird es wunderbar“, freut sich Wedel schon auf Anfang 2019. Dann sollen die Bauarbeiten in der Mensa am Schloss fertig sein und die alten Platzverhältnisse wiederkehren. Für 3000 Mahlzeiten am Tag.

von Adam Aach und Christian von Stülpnagel

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