Kultur

Museum mal anders – Luisenpark Mannheim

von Elena Panzeter

Beim Gedanken an gedrängelte Museumsführungen sträubt sich Euch schon das Nackenhaar? Ihr wollt moderne Kunst zum Anfassen statt eintöniger Ausstellungen verstaubter Portraits längst verstorbener KünstlerInnen? Dann seid Ihr im Luisenpark in Mannheim genau richtig! Was einst als Spielparadies für die Kleinen umjubelt wurde, entpuppt sich jetzt zur Kunst- und Kulturstädte Mannheims – vor allem unter den aktuellen Umständen.

Der Luisenpark hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kultur und Natur in einen harmonischen Einklang miteinander zu bringen und die Kunst vom angesammelten Staub eingefahrener Konventionen und überholter Traditionen zu befreien. In Kooperation mit der Kunsthalle Mannheim lädt der Luisenpark zu den beliebten Kunstspaziergängen quer durch den Park ein, bei der die BesucherInnen den Kunstwerken wortwörtlich über den Weg laufen können.

Ein Muss für alle Kunstinteressierten stellt der abenteuerliche Heinrich-Vetter-Weg dar, der – benannt nach dem großzügigen Spender zahlreicher Plastiken und Skulpturen und Mäzen des Luisenparks – die BesucherInnen auf eine bunte Odyssee vorbei an 24 plastischen Werken bekannter deutscher KünstlerInnen schickt. Unter freiem Himmel lassen sich die Meisterstücke fernab von großflächigen Absperrungen und langen Warteschlangen genau unter die Lupe nehmen. Wer mit so viel Abstraktion nichts anfangen kann und schon immer einmal von einer Vielzahl an Frauen umringt sein wollte, der stattet den menschlicher anmutenden Skulpturen des Bildhauers Martin Mayer im Staudengarten des Luisenparks einen Besuch ab. Das Menschenbild und insbesondere der weibliche Akt stehen im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens, in seinem gesamten Oeuvre schlägt sich sein Gefallen an üppigen Mädchengestalten nieder, oftmals in vergnüglichen und infantilen Körperhaltungen.

Zeit zum Ausruhen von dieser geballten Menge an Kunst und Kultur findet Ihr auf der Schildkrötbank im lauschigen Außenbereich des Pflanzenschauhauses, die Euch nicht nur als praktisches Sitzmöglichkeit zum Verschnaufen einlädt, sondern problemlos mit den oppulent gearbeiteten Kunstwerken aus den Gärten mithalten kann. Die Schildkrötbank ist dabei auch noch zweifelsohne von geschichtsträchtigem Gehalt: Die 2,4 Tonnen schwere Bank aus Sandstein ziert ein Teilstück des Frieses der alten Fassade des berühmten Neckarauer Schildkröt-Werkes. Mit freundlicher Unterstützung der Heinrich-Vetter-Stiftung restaurierte die Steinmetzwerkstatt Safferling das Maskottchen und integrierte es in eine Bank, die sich inzwischen zu einem gemütlichen Plätzchen unter Palmen gemausert hat.

Aber allzu lange solltet Ihr es Euch hier nicht gemütlich machen, schließlich warten noch mindestens drei Sehenswürdigkeiten auf Euch, die bei Eurem ereignisreichen Kulturausflug im Luisenpark nicht fehlen dürfen. Schon von der großen Doppelbrücke ist die erste prächtige SteinSkulptur des ungarischen Bildhauers Laszlo Szabo kaum zu übersehen: Auf der Anhöhe einer Staudenpflanzung platziert, thront der „Sonnengott II“. Dieser verspricht durch seine ausgefallene und durchwobene Optik sicher viel Gesprächsstoff bei seine BetrachterInnen – oder vielmehr „AnbeterInnen“.

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Ebenfalls aus Stein aber im Gegensatz zu allen anderen Skulpturen im Luisenpark in stetiger Bewegung sind die „Tanzenden Steine“ des Bildhauers und Brunnendesigners Christian Tobin in Nähe des Heinrich-Vetter-Weges. Verarbeitet aus sardischem Granit, sind die zwei Säulen mit sphärischen Schnitten versehen. Der Tanz ist dabei nicht etwa eine Metapher, sondern die sonst so starren Granitblöcke liefern einander tatsächlich ein dynamisches Pas-de-deux: Die Köpfe der beiden Säulen werden durch Wasserdruck leicht angehoben und sind so auf dem hauchdünnen Wasserfilm beweglich. Ein gezieltes Anströmen versetzt die oberen Segmente in Bewegung. Das dadurch verbrauchte Wasser fließt dann an den Seiten der Säulen nach unten, wird dort gesammelt und nach oben gepumpt, damit der Tanz niemals endet.

Weniger belustigend aber dafür umso bedeutungsvoller endet der Rundgang im Outdoor-Museum des Luisenparks am Friedensmahnmal Günter Brauns, womit den Opfern der Terroranschläge vom 11. September 2001 gedacht wird. Bereits der erste Blick auf die Granit-Skulptur erinnert an den verheerenden Tag vor neunzehn Jahren: Durch die geometrische Anordnung und den Bruch in der Mitte der Kultur ruft sie die Schreckensbilder der zusammenbrechenden Twin Towers des World Trade Centers in Erinnerung. Das Werk soll auf künstlerisch-ästhetischen Wege zur Auseinandersetzung mit Terror, Hass und Intoleranz anregen – in Kriegszeiten oder zu Zeiten einer weltweiten Pandemie. Denn wo Werte wie Hilfsbereitschaft, Verständnis und Menschlichkeit dominieren, kann sicher jede Krise überwunden werden.

Mit diesem letzten Appell entlassen wir Euch nun in die bunte Welt der Kunst- und Kulturvielfalt des Luisenparks und wünschen Euch viel Spaß im wohl Corona-freundlichsten Outdoor-Museum Mannheims. Bleibt gesund und kunstbegeistert!

*Disclaimer: Dieser Artikel wurde bereits vergangenen Sommer verfasst. Aufgrund der aktuellen Corona-VO des Landes Baden-Württemberg ist der Luisenpark derzeit geschlossen.

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